Spanische Grippe: 2. Teil

Einleitung

Der zweite Teil des Berichtes über die spanische Grippe beschäftigt sich mit der zweiten Welle der Epidemie. Zur Grundlage des Aufsatzes habe ich die Berichterstattung der Zeitung des „Vorwärts“. Der Juli war geprägt durch eine Zusammenfassung des bisherigen Verlaufes der Epidemie. Die erste Epidemie-Welle klang im Juli ab. Der Vorwärts berichtete im Juli in relativ großen Abständen. Sieben Meldungen und Berichte wurden veröffentlicht. Davon fielen vier Meldungen kurz aus. Auffällig waren zwei Berichte, die inhaltlich und umfangreich über Hintergründe und Zusammenhänge informierten.

Nach Ausbruch der zweiten Welle Ende September intensivierte sich die Berichterstattung. Im Oktober, der Zeit als der Virus durch Deutschland, Europa und die Welt tobte, berichtete der Vorwärts fast täglich. Besonders auffallend war, dass für einen Zeitraum von 14 Tagen Zahlen der Infizierten und Toten veröffentlicht wurden.

Zur Kontrastierung werfe ich immer wieder einen Blick in die Vossische Zeitung. Dadurch werden Unterschiede der Berichterstattung beider Zeitungen deutlich.

Berichterstattung über die zweite Grippewelle

Die erste Grippewelle ebbte im Juli 1918 ab. Gleichzeitig nahm die Berichterstattung über die Epidemie nur einen kleinen Teil in den Ausgaben des Vorwärts ein. Hervorzuheben sind zwei Berichte. Der erste wurde am 4. Juli (Anhang 1) veröffentlicht und der zweite Bericht zum Ende des Monats am 23. Juli (Anhang 2). Während die Grippewelle auslief veröffentlichte der Vorwärts einen umfassenden historischen Überblick über Grippe- bzw. Influenzaepidemien. Der Autor beschrieb die große Epidemie der Jahre 1889/90. Besonders bemerkenswert erschien ihm die Feststellung, dass die Ausbreitung von Frankreich nach New York innerhalb von 14 Tagen erfolgte[1]. Insgesamt ist der beschriebene Verlauf erschreckend, weil die Verbreitung enorm rasant verlief. Innerhalb von zwei Wochen berichtete der Vorwärts, dass das gesamte europäische Russland infiziert gewesen sein – Anfang Dezember Mitteleuropa und Österreich-Ungarn. Man sieht, nicht die heutige Globalisierung macht eine schnelle Verbreitung möglich. Bereits vor rund 150 Jahren entwickelten sich Pandemien.

Dieser Vorwärts-Artikel beschäftigte sich nicht nur um eine historische Darstellung, sondern auch wie die Wissenschaft versuchte, Wege des Schützen und Heilen zu erforschen. Manche Annahmen erscheinen aus heutiger Sicht skurril, andere haben sich als helfend herausgestellt. Die Verbreitungsschnelligkeit wurde mit enorm großen Massen an Krankheitserregern erklärt, die durch die Lüfte mit den Winden Verbreitung finden[2]. Daraus abgeleitet und in Verbindung von Beobachtungen, kam man zum Schluss, dass Absperrmaßnahmen keine Erfolge haben würden. Hier ist zu vermuten, dass kleinere Gebiete bzw. Regionen gemeint waren.

Der zweite genannte Bericht befasst sich mit dem Verlauf der Krankheit. Auch hier werden medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse in populärer Art vorgestellt. Gleichzeitig Verhaltensregeln genannt, die vor einer Erkrankung schützen können. Mit diesem Bericht unterscheidet sich der Vorwärts von der Vossischen Zeitung.

Spanische Grippe: Teil 1

Die jetzt grassierende Corona-Virus Epidemie ist beunruhigend. Für einige Menschen ist die Epidemie sogar beängstigend. Ein kurzer Blick in die Vergangenheit, auf die „Spanische Grippe“, verdeutlicht, wie notwendig, wichtig und richtig die aktuell vollzogenen Maßnahmen sind.

Die Influenza-Pandemie 1918 hat sich in unserem kollektiven Gedächtnis eingeprägt. Die Ermittlung der infizierten Menschen und die Todesfälle wurden und konnten nicht ermittelt werden. Geschätzt werden die Todesfälle auf 25 bis 50 Millionen.

Diese verheerende Wirkung ist aktuell in Europa oder Deutschland nicht zu erwarten. So traf der Influenza Virus 1918 auf durch den Krieg stark geschwächte Menschen. Sie litten unter Hunger, hatten eine unzureichende medizinische Versorgung und lebten unter hygienischen schlechten Bedingungen. Ein kleiner Blick in die Vossische Zeitung in den Zeitraum des Ausbruchs der Epidemie (Juni 1918) in Deutschland soll die Unterschiede verdeutlichen.

Die Vossische Zeitung gilt als seriöse Zeitung. Sie arbeitete nach journalistischen Maßstäben und zeigte darin einen gutes Maß an Objektivität. Deshalb kann die Berichterstattung über die „Spanische Grippe“ als Spiegelbild der damaligen liberal-bürgerlichen Gesellschaft verstanden werden. Auszuschließen ist in der Berichterstattung nicht, dass ein verzerrtes oder einseitiges Bild gezeichnet wurde. Auch das Herunterspielen des Epidemieverlaufes kann aus kriegspsychologischen Gründen die Berichterstattung beeinflusst oder sogar bestimmt haben. Aber eines verdeutlicht die dargestellte Sachlage, wie absolut wichtig eine frühzeitige und umfassende Kontaktminderung zwischen einzelnen Menschen für den Ansteckungsverlauf ist.

Am 28.6.1918 berichtete die Vossische Zeitung in einer kleinen Meldung über eine Massenerkrankung in einem Rüsselsheimer Großbetrieb. Die verantwortliche staatliche Stelle teilte mit, dass es um eine Influenzaepidemie handele, aber deren Höhepunkt „offenbar bereits überschritten“ war.

Transkription
Epidemische Influenza. Die „Frkf Ztg“ meldet: Die Massenerkrankungen, die seit Donnerstag unter der Arbeiterschaft eines Rüsselsheimer Großbetriebs eingetreten waren, erweckten trotz des gutartigen Verlaufs der Krankheit allerlei Gerüchte, die dem Abg Adelung in Mainz veranlassten, im hessischen Ministerium in Darmstadt in dieser Angelegenheit vorstellig zu werden. Geh. Obermedizinalrat Dr. Waltzer erklärte, dass es sich um eine Influenzaepidemie handele, die aber ihren Höhepunkt offenbar bereits überschritten habe, wenn man auch eine Influenza in gegenwärtiger Zeit nicht gerade leicht zu nehmen habe, so liegt doch kein Grund zu irgendwelcher Beunruhigung vor.